Klangkunst

7 Klangkunst als Medienkunst

In den meisten Fällen von Klangkunst kommen mechanische, elektronische oder digitale Medien zum Einsatz. Sie dienen der zeitüberbrückenden Speicherung, der räumlichen Übertragung, der strukturellen Modifikation oder der Synthese von Klängen. Diese Mittel haben den Zweck, die lange Spieldauer (Tage, Monate) und den prozessualen Charakter von Klangkunst zu ermöglichen und dabei das Werkhafte durch die offene Form zu ersetzen. Medientechnologie wird dabei selten nur als bloßes Mittel eingesetzt, wie es etwa von Luft als Medium der Schallübertragung (fast immer) oder vom Lautsprecher als Mittel der Transformation von elektrischen Signalen in Luftschall (sehr oft) gesagt werden kann. In unterschiedlichen Graden ist hier eine Beobachtung zweiter Ordnung intendiert, die das Verhältnis zwischen Real- und Medienwahrnehmung und darin auch das Verhältnis von Bild und Ton reflektiert.

Bill Fontanas Landscape Sculpture with Fog Horns (1982) etwa führt mit aufwändiger Übertragungstechnologie die Klänge weit auseinanderliegender Orte in Echtzeit in einem Raum zusammen und stellt damit die Frage, inwiefern Medien Räume verformen können und wie Bild und Ton in der Begegnung von aktueller Erfahrung und Erinnerung interagieren. Matt Heckert setzt in seiner Performance Mechanical Sound Orchestra (1990) computergesteuerte Maschinen wie Orchesterinstrumente ein. Sie erklingen in Gruppen, Tutti oder Solo und entwickeln Themen und Motive ganz wie in einer großen musikalischen Form, wie etwa der Sinfonie. Symbolsprache, Lichtinszenierung und Maschinenklangästhetik dienen darüber hinaus als Systemreferenzen zum Medium Film und zum Science-Fiction-Genre. Heckerts Cross-over zwischen verschiedenen technischen Medien, künstlerischen Milieus und Darbietungskontexten macht darauf aufmerksam, wie die Kombination von Versatzstücken auditiver und audiovisueller Kultur neue Bedeutungen generiert.

Bei Janet Cardiffs Münster Walk (1997) hört man beim Gang durch eine Straße über Kopfhörer Ereignisse, welche die reale Umgebung in eine fiktive Erzählung einbinden. Eine akustische Fiktion überlagert sich mit realen Klängen und realen Bildern zu einer Reflexion über die Verflechtung von Auge und Ohr auf der einen und von Real- und Medienwelt auf der anderen Seite. Christian Marclay durchforstet den Kontext von Konsumgütern und technischen Medien, die mit Musik assoziiert sind (Schallplatten, Tonbänder, Notenblätter etc.). Indem er sie still ausstellt (The Beatles, 1989), beginnen wir, die Bedeutung des textlichen und visuellen Kontextes gegenüber der akustischen Primärebene und die Intensität ihrer Interaktion zu erahnen.

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