Konzeptuelle Verknüpfungen von Ton und Bild

1 Vom Werk zur Idee – Protokonzept und Neue Musik

Der Anspruch, die Ton-Bild-Beziehungen in der Konzeptkunst anhand exemplarischer Werke zu charakterisieren, bedeutet eine Infragestellung jener Kanonbildungen, die sich auf eine Einordnung dieser in den 1960er Jahren entstandenen und bis Mitte der 1970er Jahre tonangebenden Strömung in die Tradition der bildenden Kunst beschränken[1]. Dabei ist beispielsweise auf die Bedeutung des vom US-amerikanischen Avantgardemusiker und Philosophen Henry Flynt 1961 geprägten Begriffes der Concept Art hinzuweisen[2], welcher mit expliziten Verweisen auf musikalische Strukturprinzipien entwickelt worden ist.

Eingedenk der Verflechtung der Nachkriegsavantgarden mit der Neuen Musik wird erst recht das Problem der historiografischen Eingrenzbarkeit der Konzeptkunst deutlich. Gerade, was die Rezeption von John Cage, LaMonte Young und Steve Reich betrifft, zeigen sich die Verzahnungen zwischen der Konzeptkunst und den ihr vorausgehenden und parallelen musikalischen wie performativen Praktiken nicht nur im Umfeld von Fluxus und Minimal Art. Auch das Judson Dance Theater sollte Werke der Neuen Musik, so jene Erik Saties, für die damalige Kunstszene entdecken. Solche wechselseitigen Austauschprozesse werden besonders an der New Yorker Kunst-, Musik-, Tanz- und Filmszene deutlich, auf die sich der vorliegende Beitrag hauptsächlich fokussiert. So weisen choreografische Werke wie jene Trisha Browns, Simone Fortis, Steve Paxtons und Yvonne Rainers protokonzeptuell zu nennende Korrespondenzen mit musikalischen Notationen auf.

Dies demonstriert bereits das von Christoph Metzger 2003 herausgegebene Buch Conceptualisms. Zeitgenössische Tendenzen in Musik, Kunst und Film.  
Flynt verwendet den Begriff avant la lettre, d.h. vor Beginn dessen, was man heute als Concept Art bezeichnet.  
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