Malerei und Musik

5.1 Vielfalt der Positionen

Selbst innerhalb einzelner Künstlergruppen wichen die Vorstellungen vom Verhältnis der Musik zur Malerei in Abhängigkeit von den individuell gestellten künstlerischen Aufgaben voneinander ab. Während Kandinsky zum Beispiel in einem umfassenderen Modell Farben, Formen und Töne aufeinander bezog, kreisten Klees Gedanken um strukturelle Aspekte wie Polyphonie und Rhythmus, wobei letzterer in einigen Werken sogar titelgebend wurde, wie bei Rhythmisches, strenger und freier (1930). In den USA diskutierten die Synchromisten die Abstraktion zu einem guten Teil unter Einbeziehung der Musik, wobei sie sowohl Farbe und Ton in Beziehung zueinander setzten als auch Musikstücke intuitiv in Malerei übertrugen. Die Kubisten setzten sich dagegen nicht mit der Übertragung musikalischer Gestaltungsprinzipen auseinander, obwohl sich Namen von Komponisten häufig in ihren Werken finden. Auch die Vorliebe für Motive wie Geigen oder Gitarren verdankt sich nicht dem Wunsch, das innere Ohr der Rezipienten anzusprechen und den Klang von Geigen oder Gitarren zu evozieren, sondern ist vorrangig auf ein Interesse an der Form der Musikinstrumente zurückzuführen.

Im Futurismus begann sich mit multisensuellen Experimenten und Theorien bereits eine neue Entwicklung abzuzeichnen. Zwar fing Balla in der Hand des Geigers (1912) die Bewegung eines Musikers ein, dies geschah aber auch hier weniger in Bezug auf musikalische Struktur, als vielmehr im Sinne einer Darstellung von dynamischen Prozessen des Musizierens. Für die bildkünstlerische Auseinandersetzung mit der neuen Geräuschkunst schienen Assemblagen adäquater als Gemälde zu sein.

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