Gesamtkunstwerk
6 Abstraktion und Atonalität
Abstrakte Tendenzen in der bildenden Kunst und der zeitgleich vollzogene Bruch mit der traditionellen Funktionsharmonik in der Musik führen am Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem neuen Verhältnis dieser Kunstformen zueinander. Die Abkehr vom Naturalismus eröffnet in der von esoterischen und anthroposophischen Gedanken beeinflussten Kunst und Musik neben formalen Analogien auch eine geistig-spirituelle Verbindung.
In Opposition zum traditionellen Literaturtheater entstehen experimentelle Bühnenstücke, die eine neue Relation von Wort, Bild und Ton erproben. Einer der Protagonisten ist Wassily Kandinsky (1866–1944). Sein intensives Interesse an den Zusammenhängen von Farbe und Klang sowie Kontakte zum jungen Arnold Schönberg (1874–1951) führen Kandinsky schon früh zu einer theoretischen Auseinandersetzung mit diesem Thema. In seiner Hauptschrift Über das Geistige in der Kunst (1912) postuliert er den Ansatz einer allgemeinen Tendenz hin zum Nichtmateriellen, Abstrakten. Unter allen Künsten besitzt für ihn die Musik die Stellung der heute unmateriellsten Kunst.[26] Im Bestreben, die innere Welt der seelischen Kräfte zum Ausdruck zu bringen, sieht er das gemeinsame Ziel der Künste: Aus dieser Vereinigung wird mit der Zeit die Kunst entstehen, die wir schon heute vorahnen können, die wirklich monumentale Kunst.[27] In seinem Stück Der Gelbe Klang (1912) schafft Kandinsky eine Gleichwertigkeit der Bestandteile Musik, Tanz und Farbe, ein zweckfreies Spiel aus Farbe, Bewegung und Geräusch.
Werke: Der Gelbe Klang, Über das Geistige in der Kunst
Personen: Wassily Kandinsky, Arnold Schönberg