Lightshows und Multimedia-Shows

2 San Francisco und die Vortex-Konzerte

San Francisco wurde in der Nachkriegszeit zum Schauplatz der wichtigsten Entwicklungen intermedialer Licht- und Soundperformances, beginnend mit den Art in Cinema-Vorführungen, die zwischen 1946 und 1954 im San Francisco Museum of Art stattfanden, und den Vortex-Konzerten im kugelförmigen Innenraum des Morrison-Planetariums zwischen 1957 und 1960. Mit Experimentalprojekten wie den abstrakten Animationen der in Los Angeles ansässigen Filmemacher Oskar Fischinger und den Brüdern John und James Whitney stellte Art in Cinema eine Verbindung zwischen europäischer Vorkriegszeit und US-amerikanischer Nachkriegszeit her. Die Filmreihe übte in Kalifornien eine große Wirkung auf Künstler wie z. B. Jordan Belson aus, der sich in der Folge von der Malerei dem abstrakten Film zuwandte.

Die Vortex-Konzerte waren dreidimensionale audiovisuelle Darbietungen, die elektronische Musik mit abstrakten und kosmischen Bildern verbanden und die Grenzen zwischen Musik, Licht und Weltraum zu verwischen suchten. Belson und Henry Jacobs, ein Komponist elektronischer Musik, setzten dabei 38 Lautsprecher und fast ebenso viele Projektionsgeräte ein, inklusive des speziell für das Planetarium gebauten Starfield-Projektors. Diese allumfassenden Multimediakonzerte, von denen insgesamt etwa 35 stattfanden, regten weitere Experimente mit visueller Musik an, die von Belson selbst und anderen Filmemachern wie Harry Smith und den Whitney-Brüdern in San Francisco und Los Angeles durchgeführt wurden. Sie bildeten auch einen Bezugspunkt für Experimente mit projiziertem Licht, die in Cafés, Bars und sogar in Stripclubs stattfanden und nach dem Ende der Beat-Ära Teil der Gegenkultur der Hippies wurden.

Diese neuen Multimedia-Projekte entwickelten sich innerhalb eines kulturellen Klimas, für das einerseits die Popularisierungen der Ideen von Norbert Wiener, Buckminster Fuller und Marshall McLuhan auf den Gebieten von Systemtheorie, Kybernetik, Synergetik und der neuen Kommunikations- und Medientechnologien und andererseits der sinnliche und soziale Utopismus der verschiedenen Gegenkulturen der 1960er Jahre maßgeblich waren. Die beiden Bereiche überschnitten sich in vielfältiger Weise und befruchteten einander gegenseitig. Indem sie das für die Moderne typische Verlangen nach Medienspezifität infrage stellten, ermöglichten sie verschiedenste Formen der Intermedialität – ein Begriff, der Mitte der 1960er Jahre von Fluxus-Künstler Dick Higgins geprägt wurde – und der Multimedialität: Konkrete Poesie, Happenings, Aleatorik, Computerkunst und ganz besonders die innovative Umgestaltung der Projektionsgewohnheiten des herkömmlichen Kinos, die man heute unter dem Namen Expanded Cinema kennt.

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