Klang im Animationsfilm

1 Die Stummfilm-Ära und die Zeit davor

Der Animationsfilm hatte viele Vorläufer. So stellten z. B. Laterna-magica-Projektionen ein Äquivalent zur heutigen Dia- oder PowerPoint-Vorführung dar. Einige dieser Projektionen schlossen Animationen in Form beweglicher Bilder ein, wie z. B. kleine Laternenbilder mit der Darstellung eines Arms, der sich separat heben und senken ließ. Laterna-magica-Vorführungen waren ebenso wie animierte Filme bis gegen Ende der 1920er Jahre fast immer von Live-Vertonungen begleitet.

Bei diesen Darbietungen war der Ton ein ständig wechselndes Element. Die Handlung wurde in der Tradition der mündlichen Erzählung dargeboten, was die Möglichkeit mit einschloss, den Inhalt an die jeweilige Zuhörerschaft anzupassen und auf aktuelle Ereignisse Bezug zu nehmen. Geräuscheffekte konnten an Ort und Stelle mithilfe eines breiten Spektrums von Objekten erzeugt werden. Die musikalische Begleitung war ebenso ephemer wie Erzählung und Effekte und änderte sich von Aufführung zu Aufführung. Nur in ganz wenigen Fällen entstanden während der sogenannten Stummfilm-Ära Originalpartituren für animierte Filme. Wolfgang Zeller z. B. komponierte eine Begleitung für Lotte Reinigers Die Abenteuer des Prinzen Achmed (DE 1926) – ein Film, der mit hinterleuchteten Silhouettenfiguren arbeitete und allgemein als erster animierter Film in Spielfilmlänge gilt.

Manche Performer erreichten Star-Status. Ein Beispiel ist Winsor McCay, ein Comic-Strip-Zeichner, der sich bei frühen Vorführungen seines Films Gertie the Dinosaur (US 1914) auf der Bühne mit seiner Filmfigur unterhielt. In Japan war es üblich, dass Filme von einem Benshi begleitet wurden, einem Schauspieler, der allen Figuren seine Stimme lieh.

Die Entfaltung der Handlung wurde durch die Verwendung von Zwischentiteln und Sprechblasen verdeutlicht, was den Einfluss der gedruckten Comics auf den animierten Film der Frühzeit dokumentiert. Viele frühe Animationen basierten auf Slapstick. Felix the Cat ist z. B. dem Stummfilmstar Charlie Chaplin nachempfunden. Slapstick-Humor hat im Allgemeinen einen geringen Dialoganteil und zeichnet sich durch körperliches Ausagieren von Gags aus.

Auf dem Gebiet der Kunst entstanden besonders in Europa während der Stummfilm-Ära auch die ersten Realisierungen einer Filmtechnik, die als Visuelle Musik in die Geschichte eingegangen ist. Die Filmemacher Viking Eggeling und Hans Richter loteten in ihren Werken die Möglichkeiten einer visuellen Sprache aus, die sie als eine Art Orchestrierung mit rhythmischen Komponenten organisierten. Die Titel ihrer jeweiligen Filme, Symphonie Diagonale (DE 1925) und Rhythmus 21 (DE 1921), legen in suggestiver Weise die Verwandtschaft dieser abstrakten Stummfilme mit musikalischen Strukturen nahe.

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