Video, ein audiovisuelles Medium

4 Die Verwendung von Prozessoren für die Videobearbeitung

Video-Prozessoren wurden Anfang der siebziger Jahre von Ingenieuren in engem Austausch mit Videokünstlern konstruiert. Sie dienen der Kontrolle der elektrischen Spannung in Echtzeit und bewirken Signalabweichungen, welche die Beugung der einzelnen Scan Lines verursachen. Im Unterschied zu einem Synthesizer, der vom Prinzip her kompositorisch verfährt, Bild und Ton generiert und verschiedene Quellen verknüpft, analysiert ein Prozessor die kleinsten Einheiten im Video, also seine Wellenformen, und steuert damit ihr Erscheinungsbild.

Der 1973 von Steve Rutt, Bill Etra und Louise Rutt entwickelte Rutt/Etra Scan Processor[4], mit dem beispielsweise Nam June Paik, Gary Hill und Steina und Woody Vasulka gearbeitet haben, eignet sich insbesondere für Videoanalyse, das heißt für die Kontrolle und Modulation der elektrischen Signale. Im Scan Processor werden die helleren Partien im Bild entsprechend der Voltzahl im zeitlichen Verlauf stärker oder schwächer angehoben, wodurch die horizontalen Linien vertikal abweichen und skulpturale Formen bilden. Durch die Hinzufügung von Energie entstehen aus videographischen Bildzeilen (Scan Lines) abstrakte Figurationen. Auf diese Weise ließ Woody Vasulka in Vocabulary (1973) getrennte Bildflächen aufgrund gleicher Helligkeits- und Farbwerte zu neuen Formen zusammenfließen. Weitere Funktionen des Gerätes setzte Gary Hill in Picture Story (1979) ein, wo er eingekeyte, das heißt ausgeschnittene und eingefügte Bildflächen, verkleinerte und vergrößerte sowie die Oben-Unten- und Rechts-Links-Verhältnisse im Gesamtbild vertauschte.

Die Funktionen des Rutt/Etra Scan Processors kommen exemplarisch auch in Steina und Woody Vasulkas Videoarbeit Noisefields (US 1974) zum Einsatz. Hier wird in eine mit Kamera aufgezeichnete Kreisform zusätzliche elektronische Information (Electronic Snow) eingekeyt und derartig prozessiert, dass die Impulsbewegung des Signals gleichzeitig zu sehen und zu hören ist.

Dabei wird der Bildinhalt durch die Modulation ungeformter elektronischer Schwingungsvorgänge, d. h. von Geräusch (Video Noise) bestimmt. Das Geräusch als formlose elektronische Basis, die alle Frequenzen in gleichem Ausmaß enthält, hält daher das Potenzial zu auditiver und visueller Gestaltung bereit.

Dieser Effekt einer Rückführung von Videobild auf das elektronische Rohmaterial im Geräusch wird noch verstärkt, indem ein Videosequenzer, der die Wechselfrequenz alternierender Bildfelder reguliert, die ins Geräuschhafte gesteigerte audiovisuelle Information zusätzlich in ein Positiv-Negativ-Switching mit variablen Geschwindigkeiten versetzt. Es entsteht ein geräuschhafter Bild-Ton-Eindruck, ein elektronischer Flicker-Effekt.

Somit legt Noisefields den Ausgangspunkt elektronischer Signalprozesse im Geräusch dar.

1
2
3
4
5
6
7