Visuelles in der Musik

5 Die Faszination Farbe in der Musik

Eine herausragende Rolle bei der Umsetzung visueller Eindrücke in Musik spielt immer wieder die Farbe. Hatte sich Sir Arthur Bliss bereits 1922 bei der Komposition seiner Colour Symphony von der symbolischen Bedeutung verschiedener Farben in der Heraldik anregen lassen[10], nahmen die Farben im gesamten Schaffen Olivier Messiaens einen besonderen Stellenwert ein. Der französische Komponist war Synästhetiker und assoziierte komplexe Farbvorstellungen mit ebenso komplexen Klängen. Er wollte Zeit seines Lebens eine Musique colorée schreiben und komponierte Werke wie Couleurs de la Cité céleste, die schon aufgrund ihres Titels auf eine Verbindung von Farbe und Klang hindeuten. Dabei dachte Messiaen nicht daran, seine visuellen Wahrnehmungen real-optisch darzustellen, es ging ihm vielmehr um ein inneres Sehen.

Das gilt auch für die Komponisten jüngerer Generation wie beispielsweise Michael Torke und Rebecca Saunders. Der US-Amerikaner Torke hat vielfältige Synästhesien, die nicht nur Auge und Ohr, sondern auch den Tastsinn betreffen. Hiervon beeinflusst, schuf er vor allem in den 1980er Jahren nach Farben benannte Werke, so die Orchesterkompositionen Ecstatic Orange und Bright Blue Music. Später nahm er davon Abstand, seine Farbempfindungen in Titeln mitzuteilen, da Torke befürchtete und nach wie vor befürchtet, die Vorstellung von Farben könnte den Zuhörer von der Komplexität seiner Musik ablenken.[11] Die Britin Rebecca Saunders hingegen lässt sich, ohne synästhetisch veranlagt zu sein, von Farben anregen. Für sie besteht ein Zusammenhang zwischen der Sinnlichkeit instrumentaler Klänge und der von Farben, und auf der Suche nach einer Metapher für ihr musikalisches Denken können Farbassoziationen die physische Präsenz der Instrumentalklänge deutlich machen.[12] Saunders kreiert Klänge, die zu leuchten scheinen, und Kompositionen wie cinnabar (1999) oder Blue and Gray (2005) weisen auf ihre besondere Affinität zu Farben hin.

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