Visuelles in der Musik

3 Multimedia und das Zusammenspiel der Sinne

Mit dem Wunsch nach einer Synthese der Künste war auch der Wille verbunden, das Kunsterlebnis zu intensivieren. Es ging um eine Steigerung des ästhetischen Empfindens hin zur vollkommenen Sinneserfahrung. Vor dem Hintergrund der Idee des Gesamtkunstwerks (Richard Wagner) kam es gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu multimedialen Darbietungen. Die angestrebte Synthese blieb nicht mehr nur eine Sache der Imagination, sondern wurde erfahrbar durch die zeitgleiche Stimulation verschiedener Sinne.[5]

Von einem Zusammenwirken sämtlicher Künste und Sinneswahrnehmungen träumte auch der russische Komponist Alexander Skrjabin. In seinem Mysterium-Projekt wollte er Worte, Töne, Farben, Düfte, Bewegungen, Geschmacks- und Tastempfindungen auf vielfältige Weise miteinander verbinden. Einen ersten Schritt zur Verwirklichung dieses multimedialen Konzepts unternahm er ab 1908 mit der Komposition seiner Sinfonie Prométhée – Le Poème du feu, in der er als erster bedeutender Komponist mit dem Einsatz von farbigem Licht experimentierte.

Für Skrjabin bestanden gewisse Farbe-Klang-Beziehungen. Er ordnete Tönen respektive Tonarten/Klängen bestimmte Farben zu.[6] Bei einem Konzertbesuch in Paris tauschte er sich mit seinem Landsmann Nikolai Rimski-Korsakow darüber aus, denn auch Rimski-Korsakow besaß konkrete Farbe-Klang-Vorstellungen, die sein Komponieren beeinflussten. In seiner Zauber-Ballettoper Mlada (1889/90) gab er sogar seinen Assoziationen entsprechende Farbanweisungen für die Bühnenbeleuchtung. Doch wichen die Analogiesysteme der beiden ziemlich stark voneinander ab[7], was symptomatisch ist für die individuell meist ganz verschieden ausfallenden Zuordnungen von Farben und Tönen. So weist auch die Aufstellung Iwan Wyschnegradskys mit Ausnahme der Angabe C = rot keine Übereinstimmungen mit Skrjabins Skala auf, obwohl er von dessen Ideen stark beeinflusst war und diese in seinem Lichttempel-Projekt weiterdachte. Durch die Illuminierung der Kuppel eines Tempels beabsichtigte Wyschnegradsky, eine Synthese von Farben, Licht, Musik und Bewegung zu erreichen.[8]

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