Free Radicals

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Filmstill aus Free Radicals (1958, überarbeitet 1979) von Len Lye
Courtesy Len Lye Foundation

Len Lye, der selbst aus Neuseeland stammte, ließ sich von den verschiedensten indigenen Kulturen inspirieren. Dieser Einfluss findet sich auch in seinem Film Free Radicals, der 1958 fertiggestellt und 1979 zu einer kürzeren Fassung überarbeitet wurde. Lye stellte den Film her, indem er schwarzes Filmmaterial mittels einer Reihe von Werkzeugen aufkratzte. Das Ergebnis ist ein schwarzer Hintergrund, vor dem weiße Linien tanzen, begleitet von Trommeln und Gesang, die dem afrikanischen Stamm der Bagirmi zugeschrieben werden. Die Bilder sind zwar durchweg abstrakt, rufen aber dennoch verschiedene Assoziationen hervor, wie z. B. das rhythmische Schwanken menschlicher Körper in einem rituellen Tanz oder die Bewegungen von Lyes eigenen kinetischen Skulpturen, die er seit Anfang der 1960er Jahre auf Ausstellungen zeigte. Flimmerndes Licht, Sprechgesang und besonders der Rhythmus der Perkussionsinstrumente ergeben eine Kombination, die den Zuschauer in ihren Bann schlägt: Lye selbst brachte in diesem Zusammenhang den Begriff Old Brain (altes Hirn) ins Spiel, mit dem er sich ein Leben lang beschäftigte und der Ähnlichkeiten mit C. G. Jungs Konzept des kollektiven Unbewussten aufweist. Lye war der Meinung, dass sich in unserem Gehirn verborgene Verbindungen zur Frühzeit der Menschheit erhalten haben, und unternahm Versuche, mit seinen Arbeiten Elemente dieser primitiven Erfahrung abzurufen.

Trommeln begleiten die vorwiegend horizontalen, gezackten Linien, mit denen der Film beginnt. Die Bilder rotieren langsam und zeigen dann abrupt mit dem lautesten Schlag eine neue Konfiguration. Eine gerade Vertikale wandert durch das Bild und die Trommeln erklingen weiter, während die – ebenfalls geritzten – Anfangstitel erscheinen. Danach setzt eine Art Sprechgesang ein; mehr vertikale Linien erscheinen und wandern elegant quer über die Bildfläche. Im weiteren Fortgang des Films bleibt nur der Trommelschlag gleich, mit dem die Bilder erst in der Schlussphase des Films synchron laufen. Der kraftvolle, repetitive Rhythmus des Schlagwerks im Verein mit dem visuellen Reiz der über die Leinwand flimmernden Bilder erweist sich als unwiderstehlich und erzeugt eine physiologische Wirkung, der man sich weder körperlich noch geistig entziehen will.



 

Werkdetails
  • Originaltitel: Free Radicals
  • Datum: 1958 – 1979
  • Werkdauer: 4 min

Spezifikation
16 mm, schwarzweiß


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