Song Books

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Seite aus Song Book for Joan (2004) von Rolf Julius
© Rolf Julius, courtesy the artist

Die Song Books[1] des Klangkünstlers Rolf Julius (geb. 1939) bestehen aus mehreren gebundenen Seiten Japanpapier, von denen jedes Blatt mit einem andersartigen Fleck versehen ist. Bei diesen roten oder schwarzen Flecken handelt es sich um Prints bearbeiteter Fotos von Farbpigmenthaufen. Solche Pigmenthaufen hatte Julius bereits in früheren Klangkunstinstallationen verwendet und dort mit unterschiedlichen Klängen kombiniert. Als Grafiken gibt es ähnliche Blätter schon in Julius’ Piano Piece no. 1 (1998), deren Titel erkennen lässt, dass sie musikalisch aufführbar sind.[2] Aus ihrer visuellen Gestalt allein ließe sich dies kaum erkennen. Julius’ musikalische Grafiken können nach Erhard Karkoschka daher unter reiner musikalischer Grafik klassifiziert werden; das heißt als Musikzeichnungen ohne Notenlinien.[3] Vor allem muss betont werden, dass musikalische Grafiken individuelle Lösungen eines vom Künstler empfundenen Problems der Notenschrift darstellen, die sich deshalb auch durch ein unterschiedliches Verhältnis zur konventionellen Notation auszeichnen.

Bei der Interpretation einer musikalischen Grafik, die so wenig Vorgaben wie Song Books macht, müssen die Aufführenden für die vieldeutigen Vorlagen eine überzeugende Umsetzung erarbeiten. In den Song Books wird durch die Wiederholung einer ähnlichen Form, nämlich verschiedener Flecken, der Blick auf minimale Differenzen gelenkt, zum Beispiel auf ihre unterschiedliche Größe oder Ausfransung[4], die in Klang übersetzt werden.

Die Song Books wurden 2004 von der experimentellen Performance-Gruppe Die Maulwerker aufgeführt:

In der Realisation der Maulwerker lagen zwölf Liederbücher auf einem langen Tisch. Die Ensemble-Mitglieder nahmen, ganz wie zuvor in der Ausstellung die Besucher, Liederbücher in die Hand, blätterten in ihnen, fanden eine Situation und setzten diese klanglich um. Dabei konnten sie sich im Raum bewegen. Nach ihrer Aktion kehrten sie zum Tisch zurück, legten das Buch ab, nahmen ein neues oder traten vorübergehend ab. So entstanden sich in wechselnden Dichten überlagernde Simultanaufführungen, die in der klanglichen Gestaltung die Anlage der Bücher selbst mit ihren Überlagerungen aufgriffen. [5]