Guy Sherwins Film Newsprint aus der Serie kameraloser Optical Sound Films (1971–2007)^[1] rückt die physikalisch-materiellen Aspekte des Mediums Film als Bild- und Tonträger in den Vordergrund. Zur Herstellung von Newsprint beklebte Sherwin einen 16mm-Blankfilm, also transparentes Zelluloid inklusive der Tonspur, mit bedrucktem Zeitungspapier. Dieser Zeitungsfilm wurde anschließend im Kopierwerk abgelichtet, wobei auch die Tonspur adjustiert wurde, sodass die entsprechenden klingenden Segmente der Zeitungsstreifen bei der Wiedergabe synchron zum Bild verlaufen.

Sherwin transformiert mit Newsprint durch physische Kopplung das statische Druckerzeugnis in das zeitbasierte Format des Tonfilms. Dabei bleiben die Originalmaße der ausgeschnittenen Zeitungsstreifen erhalten und erfahren einen immensen optischen Blow-up bei der Projektion. Somit gewährt der Film einen quasi mikroskopischen Blick auf die fragmentierte Spur der Druckplatte. Vor allem die Beschaffenheit der im Offsetverfahren hergestellten Zeitungsbilder mit ihren charakteristischen Rastermustern wird sichtbar. Die projizierten Wortfetzen laufen so schnell über die Leinwand, dass es kaum möglich ist, Sinnzusammenhänge auszumachen. Stattdessen hören wir, wie die fotoelektrische Zelle die Buchstaben und Raster der gedruckten Streifen ausliest – im übertragenden Sinne: vorliest. Wahrnehmung und Medientechnik prallen in aller Härte aufeinander und die Vermittlerrolle der Zeitung als Überbringer einer Botschaft wird zugunsten der sinnlichen Erfahrbarkeit ihres Gemachtseins aufgegeben, wenn die unterschiedlichen Rastermuster der Zeitungsbilder als Folge verrauschter Tonhöhen erklingen.

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