Der Begriff Ordinal Linguistic Personification (OLP) wurde 2007 von Julia Simner und Emma Holenstein für eine Form der Synästhesie eingeführt, die sie im Rahmen einer Fallstudie zum ersten Mal wissenschaftlich beschreiben konnten. Die Probandin A.P. gab an, bei einigen Zahlen, Buchstaben und Monaten nicht nur Farben wahrzunehmen, sondern ihnen auch konsistent ein Geschlecht und einen bestimmten Charakter zuschreiben zu können. Mehr noch, die Zahlen und Buchstaben zeichneten sich durch ein bestimmtes typisches Verhalten aus und standen in Beziehung zueinander. Beispielsweise sah A. P. die Zahl 8 als dicke Frau, die mit der 9 ausgeht, obwohl sie eigentlich die 7 liebt. Die 7 ist ein schwacher, unsicherer Mann, der jedoch von allen am liebsten mit der 6 gesehen werden würde. Des Weiteren sind m und n alte tratschende Damen. Und der Juni ein hübsches, beliebtes und etwas eingebildetes Mädchen, dessen beste Freundin der Juli ist. Dabei scheinen Beziehungen immer nur innerhalb einer Kategorie und zudem nur zwischen aufeinanderfolgenden Elementen zu bestehen: z. B. kann k die Mutter von l sein, nicht aber von a oder der 5. Simner und Holenstein vermuten weiterhin, dass diese Assoziationen kulturell und zeithistorisch bedingt sind. Sie verweisen auf bestimmte Berufsgruppen oder Menschentypen, die charakteristisch für die Zeit sind, aus der die einzelnen Berichte stammen. Dennoch glauben die Autoren, dass es sich bei OLP um eine Form von Synästhesie handelt, da Merkmale wie unwillkürliches Auftreten sowie die langfristige Konsistenz beobachtet werden können. Außerdem konnten Simner und Holenstein Hinweise darauf finden, dass OLP-Synästhetiker häufig auch Graphem-Farb-Synästhetiker sind. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass es sich bei OLP um eine Spielart von Synästhesie handelt, da verschiedene synästhetische Ausprägungen häufig zusammen auftreten.
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